POLARO_ID

 Ein Künstler.

675 m2.

Eine Universität.

35 Studierende & das BIKINI BERLIN

Schönheit und Zerstörung // Schnelllebigkeit und Entschleunigung // Mensch und Experiment // digital und analog

Oliver Blohms neueste Fotografien zeigen die Paranoia unserer Gesellschaft

Wer ist POLARO_ID?

  • Datum
    14. Juli – 29. Juli 2017
  • Titel
    POLARO_ID. Fotografische Arbeiten von Oliver Blohm
  • Ort
    BIKINI BERLIN, Budapester Str. 38-50, 10787 Berlin
  • Typ
    Ausstellungsprojekt mit Studierenden der Universität Potsdam

Polaro_id. Mut zur Lücke für alles Zwischen_drin.

Polaro_id. Mut zur Lücke für alles Zwischen_drin. Der Freiraum bietet freien Raum für Assoziationen. Der Transitraum polarisiert. In dem Freiraum findet man sICH wieder, zwischen Bildern, die von Blicken zeugen, die mICH nie gesehen haben, von ganz viel Leer umgeben. Parano_id sucht man um sich, um sICH zu finden. In einem Wirrwahr in dem wahrhaftig ein Fünkchen ich steckt, ein bisschen ID_entität. In einer drumherum, die Fortwährend erklärt; in welchen Grenzen sich das ICH bewegt und wer ICH ist, denn wer ICH ist, das BIN ich sicher nicht. In Grenzen, die sICH fortwährend darüber definieren, wie sie mICH bedrängen und keinen frei_Raum lassen. Glaswände, mal nicht zu sehen, mal spiegeln sie mICH, bis ICH nicht mehr weiß, wer ich ist. sICH stoßend an den Normen. Parano_id, laufend durch ein Labyrinth aus Bildern meiner selbst, die mich schuldbewusst betrachten, bis ICH merkt, dass die Reflexionen nur das Schuldbewusstsein zeigen, mit dem ich mICH unreflektiert betrachte. Innehaltend den Moment begreifen, die Momentaufnahme fassbar machen. In einem Polaro_id.

Oder kommst du aus dem Gleichgewicht, im Stolpern über'n Unter_Schrich?

Wer ist POLARO_ID?

POLARO_ID sind 35 engagierte Student_innen, ein talentierter Künstler und eine großartige Ausstellung, die im Rahmen eines BA-Seminars an der Universität Potsdam realisiert wurde. Als Hybrid zwischen Ausstellung und multidisziplinärem Seminar entstand unter der Leitung von Beatrice Miersch und mit vielen Unterstützer_innen eine Ausstellung, bei der zeitgenössische, analoge Fotografie gezeigt und zugleich neue Methoden des Ausstellens erprobt wurden. Wir bewegten uns zwischen Chaos und Konzeption, diskutierten mit Liebe zur Kunst und zum rhizomatischen Denken die Theorie und Praxis von POLARO_ID. Die Konzeption wurde an der Universität, im Podewil Berlin, in unseren Herzen und vor Ort, auf den 675 qm Fläche des Artspace im BIKINI BERLIN entwickelt, wo die Ausstellung am 14. Juli 2017 eröffnete. Die Fotografie von Oliver Blohm war dabei Zentrum und Experimentierfeld zugleich. Die theoretisch-praktische Arbeit mit der Kunst und mit unterschiedlichen Theorieansätzen offenbarte uns Themen, die uns bewegten, Methoden, die wir verwenden und Inhalte, die wir zeigen wollten. So begaben wir uns auf die Suche nach unserer kuratorischen Haltung und ihrer visuellen Umsetzung im Raum. Aufgeteilt in Expert_innen-Teams und mit der Unterstützung von Lena Fließbach, einer weiteren Kuratorin, hinterfragten wir dann die Mechanismen des Ausstellens selbst, dachten über ihre Möglichkeiten und unser eigenes Zeigen nach: Wir erörterten und dekonstruierten theoretische Texte, durchforsteten sie nach produktiven Ideen, kümmerten uns aber auch um Szenografie, Kommunikation, Finanzen und Technik. Dabei drängten sich viele Fragen auf: Wie können sich (so viele) Kurator_innen mit einer_m Künstler_in auf ein Ausstellungskonzept einigen? Eines, das all das bisher Gelernte umsetzt? Im Raum alle Höhen erreicht und zugleich alles umwirft, was wir kennen, wollen und zu hoffen wagen? Welche Entscheidungen, Lenkungen und letztendlich machvolle Positionierungen kann man abgeben und zugleich den eignen Ansprüchen an die universitäre Lehre, Ausstellungen und denen des Ortes und des Künstlers genügen? Wie können diese Prozesse genug Lehrstück, Chaos, eigene Haltung sein und wie können ihnen gleichzeitig demokratische Entscheidungsprozesse und sprudelnde Kreativität zugestanden werden, wenn uns währenddessen die Zeit und das Geld davonläuft? Nur durch gemeinsame Verantwortung, Kreativität und Leidenschaft konnten wir etwas Neues schaffen, das sowohl auf uns, als auch auf der Kunst und kulturwissenschaftlichen & queer-feministischen Theorien aufbaute. Indem wir unsere verschiedenen Seinsweisen, Energien und Dynamiken und das künstlerische Werk gedanklich mit dem Ort des BIKINI BERLIN verknüpften, erarbeiteten wir ein Konzept, das jede der mehr als dreißig Wände und 130 Bilder miteinander verband, Blickachsen und que(e)re Verbindungen schuf und unsere Gedanken visualisierte. Die Ausstellungsbereiche hinterfragten die Rolle der Originalität von Fotografie, die Langsamkeit/Schnelllebigkeit ihrer heutigen Verbreitung und ihre Autor_innenschaft. Wir wollten Blohms Umgang mit Schönheit, Licht und Mode mit fluiden Identitäten, Raum mit Zeit, Technik mit Theorie verzahnen. Inmitten Berlins zeigte die Ausstellung nichts weniger als die Möglichkeiten der Fotografie bei der Hervorbringung einer queeren Gesellschaft(sutopie) mit diversen Lebensweisen. "Der einzige Weg eine Versuchung loszuwerden, ist, ihr nachzugeben." (Oscar Wilde [18881] 2011: 22)

Danke an Lina Dieckmann für ihren Mut und ihren kühlen, klugen Kopf, danke an Giulia Artusa für ihr temperamentvolles Herz und ihr Durchsetzungsvermögen, danke an Ali Lübben für ihre sensible Weit_sicht, danke an die Jewellery-Gang, Mathilda Berndt und Kristina Braun, für ihre unermessliche Kreativität, danke an Michel Hoppe für seine geduldige Ungeduld, danke an Leah Julie Rose Luettke und Chaleena-Garance Bienecke für ihr beruhigendes Organisationstalent, danke an Kristin Hinz, Ann Milz und Lisa Marie Gräning für ihre Entschlossenheit, danke an Julia Gabryl und Jasmin Haas für ihre fröhliche Gedankenenergie, danke an Yardena Breitstein für ihre beständiges Engagement, danke an Esra Küller, Léa Göhring, Jolene Holst und Lilith Künstler für ihr gedankliches Glitzer, danke an Eileen Rohlfs für ihre verantwortungsvolle Leichtigkeit, danke an Alex Ruszczynski für seine stoische Zuverlässigkeit, danke an Harriet Schulz und Imke Rohrschneider für ihr Sprachgefühl, danke an Sonja Foth für ihr verplantes Planen, danke an Freiherr Richard von Berlepsch für sein sprudelndes Sein, danke an Jenny Bislinger und ihren Mann Tari für ihre liebe Unbremsbarkeit, danke Oliver Blohm für sein Vertrauen, seinen Überblick und sein Talent, danke an Denise Postler für ihr fotografisches Auge und Luc für seine Beats, danke an Fidélité Niwenshuti-Mugwaneza und Sina Kehrwieder für ihren genauen Blick, danke an Damaris Reichert für ihre Konstanz, an Kateryna Blazheichuk, Ronja Delfs und Elmedina Selmani für ihre hilfreiches Tun und an Roxana Salzburger, Nora Stölten, Lisa-Marie Riemer und Lea Gruban und Sophia Zariouto für ihre fidele Art, danke an Lena Fließbach für ihre Ideen, danke an Max Freiesleben für sein poetisches Denken, danke an Paula Sawatzki für ihre einfühlsame Präzision, danke an Cecilia Akibaya für ihre Teamgedanken, danke an Sita Bertram, die uns geduldig Dorian_isierte, danke an Yella Roth für ihre Direktheit, danke an Andji Thelen und Laura Vogel für ihre schillernden Masken und danke an Shawn-Orric Dreyer für seine futuristische Verliebtheit.

Oliver Blohms Fotoarbeiten oszillieren zwischen Natur-, Porträt- und Modefotografie und abstrakten Experimenten, bei denen die Ideen von Schönheit und Zerstörung nah beieinander liegen. Die Materialität der analogen Sofortbild-Filme, mitsamt ihrer technischen Aspekte, und die Funktionsweise der 30kg schweren Großformat- oder der kleinen Polaroid-Kamera standen im Mittelpunkt der Ausstellung. Nach intensiv-freudiger Arbeit, in denen wir die Arbeitsweisen Blohms, seine Fotografien, den Artspace und uns als Kurator_innen kennenlernten, eröffneten wir die Ausstellung mit einer schillernden Vernissage. In nur zwei Wochen waren mehr als 3000 Besucher_innen begeistert. Und nun? Zwei Jahre und ein weiteres Seminar für die sensible Katalogentwicklung später sind wir noch immer stolz und dankbar für die unglaubliche Erfahrung. So ist dieses Buch Zeugnis und Beweis einer großen Liebe. Einer gemeinsamen Liebe zur Kunst, in Bildern, in Konzeptionen, in Worten und Texten – für POLARO_ID!

Danke an alle Unterstützer_innen!

Beatrice Miersch

Foto Credits: Oliver Blohm 

Installationsaufnahmen: Denis Postler, Beatrice Miersch, Oliver Blohm, Richard von Berlepsch

Text 1: Alia Lübben